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Hohe Öleinnahmen verschleiern die wirtschaftliche Inkompetenz von Chávez

Von VLADIMIR CHELMINSKI

25. Februar 2005, Seite A19 - CARACAS - Nach sechs turbulenten Jahren an der Macht kann Chávez' Behauptung, dass er die Venezolaner zu größerem Wohlstand führt, nicht aufrechterhalten werden. Jegliche ernsthafte Analyse unserer Wirtschaft weist einen dramatischen Rückgang im Wohlstand der Venezolaner auf. Eine Serie von großzügigen Regierungsprogrammen trägt nur zur Abdämpfung der negativen Auswirkungen bei, die ansonsten als Folge von Chávez' katastrophaler Wirtschaftspolitik deutlicher zu spüren wären.

1998 war die überwältigende Mehrheit der Venezolaner sehr arm und hatte keinen berechtigten Grund, auf eine bessere Zukunft zu hoffen. Über Jahrzehnte hinweg hatte die Lebensqualität abgenommen. Der demokratische Prozess schien ausschließlich den Politikern und ihren Freunden zu nutzen. Die politischen Parteien, die sich seit 1958 an der Macht abgewechselt hatten, die Sozialdemokraten und die Sozialchristen, waren kaum voneinander zu unterscheiden. Beide boten Sozialismus mit politischer Freiheit. Ihre Politik gab vor, sich an die Armen zu richten, erwies sich aber ein ums andere Mal als kontraproduktiv. Ihre Gesetze achteten den Privatbesitz und Verträge gering. Zwei Drittel der arbeitswilligen Bevölkerung konnte im formalen Sektor keine Anstellung finden, und ein bekannter Index (The Heritage/Wall Street Journal Index of Economic Freedom) schätzte Venezuela als ein „größtenteils unterdrücktes“ Land ein. Das Land brauchte eine dramatische Veränderung.

Im selben Jahr entfachte der Präsidentschaftskandidat Hugo Chávez die Vorstellung der Bevölkerung mit einer guten Einschätzung unserer Probleme; er benannte jedoch fälschlicherweise den wirtschaftlichen Liberalismus als den Grund für die Misere. Er versprach einen neuen Staat mit neuen Gesetzen und verkaufte der Bevölkerung Hoffnung. Im Dezember 1998 gewann er die Präsidentschaft und erfreute sich für einige Zeit nach seiner Amtseinführung wachsender Beliebtheit.

Es ist richtig, dass Herr Chávez die Pensionszahlungen ausgeweitet hat und Programme eingeführt hat, die zuvor nicht existierten, wie die 11 „Missionen“. Drei dieser Programme sind bildungsbezogen. Die „Misión Robinson“ soll den Menschen das Lesen beibringen. Die Teilnehmer am Programm erhalten eine monatliche Unterstützung von 160.000 Bolívares (das entspricht etwa 83 US-Dollar). Nach sechs Monaten können sie ein Diplom für das Erreichen der sechsten Klasse erwerben, mit dem sie sich für die „Misión Ribas“ qualifizieren, in der sie dieselbe finanzielle Unterstützung erhalten und in weiteren sechs Monaten ein Diplom als erfolgreicher Absolvent der Sekundarschule erwerben können. Mit anderen Worten: Ein Erwachsener ohne schulische Vorbildung kann in einem Jahr die schulische Qualifikation erwerben, für die man normalerweise 11 Jahre benötigt.

Zweifellos ist die monatliche Zuwendung unter Arbeitslosen und Geringverdienern beliebt, allerdings ist die Qualität dieser Diplome fraglich. Aus Sicht der Regierung hilft die Einschulung der Menschen, die Arbeitslosigkeitsstatistik zu verbessern, da Teilnehmer am Programm nicht als arbeitslos gelten.

Im Rahmen eines weiteren „Missionsprogramms“ werden kubanische Ärzte zur Verfügung gestellt, die Vollzeit in armen Kommunen leben und arbeiten und jederzeit kostenlos helfen, kleinere medizinische Probleme zu lösen. Wie im oben genannten Fall der Ausbildung ist allerdings auch die Qualität dieser medizinischen Versorgung unbekannt. Ein Arzt mit einem Doktortitel von Harvard darf in Venezuela nicht praktizieren, solange er seinen Titel nicht hat validieren lassen. Die Qualifikationen eines kubanischen Arztes hingegen werden ohne Prüfung angenommen. Außerdem weiß keiner, wie viel diese Ärzte den Staat kosten, weil sie scheinbar gegen venezolanisches Öl getauscht werden, das an Kuba geliefert wird.

Eine andere “Mission” verkauft Nahrungsgrundmittel zu Preisen, die deutlich unter den vom Staat regulierten Preisen liegen. Dies führt zur Zerstörung des privaten Sektors in den Bereichen Einzelhandel, Großhandel und Herstellung.

In der Zwischenzeit sind die wirtschaftlichen Fundamentaldaten besorgniserregend. Laut Zentralbank wuchs die Wirtschaft im letzten Jahr um 17,3% und gehörte damit weltweit zu den Spitzenreitern. Allerdings folgte dieses Wachstum auf eine Schrumpfung von 9,2% 2003 und von 8,9% 2002. Trotz Devisen- und Preiskontrollen, die mit dem Ziel der Inflationsbekämpfung eingeführt wurden, war die Inflationsrate in den vergangenen zwei Jahren so hoch, dass sie nur von der Simbabwes übertroffen wurde. 2004 betrug die Inflationsrate 19,2% und 2003 27,1%. Die Zentralregierung wies 2004 ein Defizit von 3,8% des Bruttoinlandsprodukt auf - trotz ungewöhnlich hohen Ölpreisen, fiktiven Devisengewinnen der Zentralbank und Steuereinnahmen auf Rekordniveau.

Die Steuer in Höhe von einem halben Prozent auf finanzielle Transaktionen ist besonders schädlich. Da der Großteil der Bevölkerung arm ist und keine Schecks verwendet, sollte die Steuer laut Regierung keine Auswirkungen auf die Armen haben. Dabei wird außer acht gelassen, dass Unternehmen ihre Kosten an die Kunden weitergeben. Ferner gibt es Konsumsteuern, die meiner Einschätzung nach zu einem Aufschlag von etwa 22% auf den Preis von Grundnahrungsmittel führen. Laut der gegenwärtigen Steuergesetzgebung müssen Verbraucher dem Verkäufer ihre Steueridentifikationsnummer und Adresse mitteilen, selbst wenn sie nur eine Tasse Kaffee kaufen.

Eines der Hauptmerkmale unserer unterdrückten Wirtschaft sind die Devisen- und Preiskontrollen, die vor zwei Jahren eingeführt wurden. Dies sehen wir nicht zum ersten Mal. Venezuela hatte von 1983 bis 1989 und von 1994 bis 1996 solche Kontrollen. In beiden Fällen nahm die Korruption überhand und die Wirtschaft stürzte ab. In beiden Fällen mussten die Kontrollen aufgegeben werden, nachdem sie zu Knappheiten und Hyperinflation geführt hatten.

Eine weitere ökonomisch schädliche Maßnahme, die von dieser Regierung eingeführt wurde, ist die Beschlagnahmung von Eigentum. Anfang dieses Jahres wurde die produktivste Großfarm des Landes, die sich seit 1903 im Besitz der britischen Vestey Group Ltd. befindet, zum Ziel einer potenziellen Beschlagnahmung in Rahmen von Plänen, sie für „Kooperativen“ aufzuteilen. Dies mag zwar unter den Ärmeren beliebt sein, aber wenn man die Vergangenheit betrachtet, ist zu erwarten, dass die Neuankömmlinge entweder Hunger leiden oder dorthin zurückkehren, wo sie herkamen. In der Zwischenzeit wird das Land einen wichtigen und produktiven Vermögenswert verloren haben. Als nächstes werden wir uns wohl fragen, warum es nicht genug Investitionen gibt und warum nicht mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.

Herr Chávez genießt unter seinen Anhängern noch Glaubwürdigkeit, und sein Charisma mag ihm für einige Zeit noch Unterstützung sichern - trotz zunehmender Kriminalität, schmutzigeren Städten, sich verschlechternden öffentlichen Dienstleistungen, einer sich ausbreitenden Schattenwirtschaft und mehr Bettlern als je zuvor. Seine Anhänger sind derart in ihn vernarrt, dass sie den Widersprüchen in seinen Reden und seinen zahllosen unerfüllten Versprechen keine Aufmerksamkeit schenken. Aber sobald der Ölpreis sinkt, werden die „Missionen“ untragbar, und die Rose wird ohne Zweifel ihre Blüten verlieren.



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